Montag, 12. Februar 2007

Mein Jacobsweg


Der plötzliche Tod von Simon stürzte mich in tiefste Verzweiflung. Die Gefühle, die ich in voller Intensität erlebe, sind schier unerträglich. Trauer und Angst, Schuldgefühle, aber auch Wut und Ohnmachtsgefühle angesichts der Endgültigkeit des Todes prägen meinen Alltag.
Alle Hoffnungen und Träume für seine/meine Zukunft wurden jäh zerstört. Der Sinn des Lebens scheint plötzlich stückweise verloren gegangen.Den Verlust meines Kindes empfinde ich als so einschneidend, dass ich weiß, es ist ein Stück von mir mit ihm gestorben.
Es ist ein Schmerz, der niemals aufhört ... mit dem ich lernen muß zu LEBEN ...
aber wie ???

Jeder Mensch trauert anders. Dennoch gibt es viele Ähnlichkeiten, ich bin erstarrt direkt nach dem Tod meines Sonnenscheins wie in einem Schock. Es wirkt ein Schutzmechanismus, der die zerstörerische Wirklichkeit von meiner Seele fern hält.
Nur langsam verläßt mich der "Freund" Schock, um mich einen neuen "Freund"
kennenlernen zu lassen. Erst jetzt nach einem Jahr jetzt beginne ich langsam,
mich mit der Realität des Verlust auseinander zu setzen. Es dauert noch an und die Menschen aus meiner Umgebung erwarten, dass der Tod von Simon langsam verarbeitet sein müsste.
Aber das Gegenteil ist der Fall.
Den Tod eines Kindes zu verkraften, dauert für manche Eltern ein Leben lang.
Viele ziehen sich zurück und isolieren sich.
Ich fühle mich unendlich einsam, obwohl ich liebe Freunde und die Familie um mich habe.
Wann ich wieder auf andere Menschen zugehen und am Leben teilnehmen kann ... ich kann es
nicht beanworten.
Vielleicht dauert viele Jahre, bis ich wieder einen Sinn in meinem Leben sehen
- bis ich spüre, dass mein eigenes Leben weitergehen kann
und ein neues inneres Gleichgewicht finde.

Das bedeutet nicht, dass meinen Simon je vergessen werde.
Seine Geburtstage werden weitergezählt und erlebe ich andere Kinder im Alter von ihm,
denke ich unwillkürlich daran, wie er nun wohl aussähe, welche Fähigkeiten er hätte
... Simon fehlt in der Familie, sein Platz bleibt leer.

Um es mit Dega's (Mutter aus LOD) Worten auszudrücken :

Vor nicht allzulanger Zeit wollte ich den Jakobsweg gehen, mit meiner Schwester ...
dann wenn die Kinder aus dem Haus sind und wir uns ganz darauf Konzentrieren können.
Jetzt habe ich das Kerkeling Buch gelesen und stelle fest,
diesen Weg brauche ich nicht mehr wählen.
Ich bin bereits auf ihm !!!
Meine Füße haben jetzt bereits Blasen und mir tut alles weh.
Meine Gedanken konzentrieren sich immer wieder auf den gleichen Punkt.
"Simon ist tot".

Gefunden habe ich....
... Freunde, Weggefährten, Simon, Mich, meine Familie durchleuchtet habe ich auch,
erleuchtet bin ich von Zeit zu Zeit, Wahrheit und Gerechtigkeit suche ich noch,
Worte kommen wann sie wollen, zurück muß ich in die Wirklichkeit!
So ... jetzt bin ich hier!
Und bleibe erstmal ... Verschaufpause.
Mein Jakobsweg ist sehr beschwerlich, unendlich Mühsam,
ich gehe ihn jeden Tag.
Meine Etappen sind nur etwas länger, bestimmt bis ich selber wieder gehen möchte.
Aber das hat jetzt noch ein wenig Zeit ... Zeit

(c) 2007 Claudia Staemmler


2 Kommentare:

Sam hat gesagt…

Röm 8.18
Offb 21.4
Kor 15.42-43
Kor 15.52-57
Phil 4.7
Jes 41.10

Orpheus hat gesagt…

Liebe Claudia!

Du bist auf einem guten Weg! Welch eine Entwicklung: zuerst der Schock, der dich deine Gefühle noch nicht einmal richtig spüren ließ, später dann hast du sie wahrgenommen und empfunden - und inzwischen kannst du sie in Worte fassen und beschreiben. So hast du dir im Laufe der Zeit zu Freunden gemacht (und bist noch dabei), was anfangs nach Gegnern und Lebensfeinden aussah - Schock, Gefühle und die Tatsache, daß Simon nicht mehr unter uns lebt.
Einen solchen Einschnitt in das eigene Leben kann man nicht innerhalb einer bestimmten Frist bewältigen - und das darf auch niemand aus dem Umfeld erwarten. Wichtig ist doch, daß du nicht in der anfänglichen Starre des Schocks steckengeblieben bist! Den Tod eines geliebten Menschen zu verkraften und zu verarbeiten braucht viel Zeit - und wenn es sein muß, ein ganzes Leben lang. Laß dir das von niemandem in Frage stellen!
Geh du deinen Weg, deinen Jakobsweg, den Caminando. Aber zu welchem Ziel? Zurück ins Leben? In die Wirklichkeit? Zu Simon? Ich weiß es nicht. Vielleicht hast du, wenn du bei einem dagvon angekommen bist, alles andere mitgefunden?
Sei behütet und begleitet auf diesem Weg - von dem, der auch Simon behütet und begleitet hat auf seinem letzten irdischen Weg!

Dein Orpheus