Mittwoch, 31. Oktober 2007

Erinnerungsfluten



Aufgewühlt ...

höre ich dein Lachen,
sehe dich mir entgegenlaufen
und spüre all die
ungeweinten Tränen
in mir ...

WARUM ? Wo bist du jetzt ?

Aufgewühlt ...
die Tränen kommen auf
und ich weiß
lass ich sie rennen
werden sie nicht versiegen
ein Meer würde aus ihnen
und ich
würde in ihnen ertrinken

Aufgewühlt ...
erkenne ich langsam,
es gibt keine Antwort auf das WARUM
egal wie lange man danach sucht
jeder Erklärungsversuch sinnlos,
weil er es nicht ungeschehen macht

Aufgewühlt ...
keine Träne,
kein Bitten,
kein Flehen,
nichts kann die Zeit zurückdrehen
und so muß ich lernen
mit dem Unabänderlichen zu leben

Aufgewühlt ...
bleibt die Hoffnung zurück
darauf dass die Zeit mein Freund ist
die tiefe Wunde vernarben läßt
darauf dass die Zeit hilft
das zarte Pflänzchen der Dankbarkeit
wachsen zu lassen.

(c) 2007 Claudia Staemmler

Mittwoch, 24. Oktober 2007

25.10.2007 - 2 Jahre

730 Tage …
und wieder 12 endlose Monate ohne Deine Stimme,
weitere 365 Tage ohne Dein ansteckendes Lachen,
52 Wochenenden voller Leere und Sehnsucht nach Dir,
8860 Stunden haben wir an Dich gedacht
3896000 Sekunden ohne Deine strahlenden Augen


Damals wurde mir beigebracht, dass 1 Tag 24 Stunden hat, 1 Stunde 60 Minuten und 1 Minute 60 Sekunden. Aber jetzt lerne ich, dass 1 Sekunde ohne Dich die Ewigkeit bedeutet.
Ein weiteres Jahr voller Traurigkeit und Endgültigkeit, aber auch ein Jahr in dem die Dankbarkeit für die schöne Zeit mit Dir langsam wächst. Es ist, als ob schon eine Ewigkeit vergangen ist, als wir noch glücklich und unbeschwert waren.

Auch nach zwei Jahren habe ich Deinen Tod immer noch nicht verstanden. Wie gerne würde ich noch mein, unser aller Leben mit Dir teilen, Dir noch so viel sagen und zeigen, soviel Liebe schenken, glaubte ich doch, wir hätten noch so viel Zeit.
Aber, Du bist aber nicht verreist, Du bist nicht unterwegs. Du kommst nicht zurück. Du bleibst fort – für immer.
Alles ist unwiederbringlich vorbei, dass sind die schmerzlichsten Momente der Trauer. Bei allem sind wir gewohnt, etwas nachzuholen zu können, noch einmal eine Chance zu bekommen und hier bei diesem einschneidenden Einbruch in unserem Leben, da gibt es keine Chance. Die Trauer hat sich im zweiten Jahr verändert. Ich bin einen langen Weg der tiefsten Verzweiflung, der Mutlosigkeit und inneren Leere gegangen und es ist immer noch ein Kampf, den Alltag geregelt zu bekommen, ein Kampf um Kleinigkeiten. An manchen Tagen gelingt die Normalität, am nächsten kann wieder alles zusammenbrechen. Ich weiß nie, wie der nächste Tag aussieht, nichts ist vorhersehbar und es sind oft Kleinigkeiten, die mich wieder in die Tiefe reißen. Dieses kann ein Foto sein, ein Lied, deine Lieblingssüßigkeit im Supermarkt, der Anblick deiner Freunde oder auch einfach der eines fremden Jungen der Dir ähnlich scheint. Manchmal ist es nicht genau zu bestimmen, was mich trauriger macht. Ist es das, was ich verloren habe oder aber, dass was Du alles nicht mehr erleben darfst, worauf Du Dich noch so gefreut hast. Wie viele Träume und Pläne hattest Du noch !

Ich habe zwei Gesichter. Eins um zu funktionieren, um mich vor den Menschen zu schützen, von denen mir auch nicht das geringste Mitgefühl entgegengebracht wird und die keinerlei Verständnis für mich haben. Das andere ehrliche Gesicht habe ich für die Menschen, die für mich da sind, nicht von meiner Seite gegangen sind und die versuchen zu erahnen, wie es wirklich in mir aussieht, die mich aber auch so akzeptieren, wie ich geworden bin.
Ich weiß nicht, ob und wie viel von dem Menschen übrig geblieben ist, der ich einmal war. Früher legte ich sehr viel Wert darauf, allen gerecht zu werden. Heute liegt meine Priorität in meiner kleinen übrig gebliebenen Restfamilie und in meiner Person. Ich bin seit Deinem Tod reifer geworden, die Tiefe, die ich kennen lernen mussten, hat mich gelehrt, dass ich auch die Höhen ganz anders wahrnehmen kann.
Ich bin ärmer geworden, weil ich unendlich viel verloren habe, ein Stück Gegenwart und Zukunft. Doch dieses Verlieren hat meine Vergangenheit bedeutender gemacht, hat ihr mehr Gewicht verliehen. Aber der Preis dafür war viel zu hoch.
Gleichzeitig bin ich reicher geworden, durch die vielen erzwungenen Einsichten, die ich dazu gewonnen habe. Eines geht allerdings nicht: ich kann das Eine gegen das Andere nicht aufrechnen. Gerne würde ich aber um alles Wissen verzichten und wären wieder Teil der sorglosesten und oberflächlichsten Menschen, die es gibt, wenn Du doch wieder bei uns sein könntest. Ich habe nur noch dieses Leben und muss sehen, dass ich es lebbar gestalte, aber Dein Tod soll nicht umsonst gewesen sein. Denn er wäre es endgültig, wenn Du uns nicht noch berührst, bewegst und veränderst.

Ich kann auch wieder lachen und Freude empfinden, allerdings ist es keine unbeschwerte Freude mehr, denn alles was schön ist, tut gleichzeitig weh, weil ich es nicht mehr mit Dir teilen kann. Oft habe ich nicht mehr die Geduld, oberflächlichen Gesprächen zuzuhören die mich nicht im mindesten interessieren. Doch manchmal überkommt mich auch das schlechte Gewissen, wegen meines menschenscheuen Verhaltens oder ich wünschte ich hätte die Kraft euch die Chance zu geben sich mit dem veränderten Wesen „Claudia“ auseinander zusetzten.
Die Welt ist mit Deinem immer noch unfassbaren Weggehen unwirklich geworden. Wie oft fühle ich mich wie ein „Alien“, ein Mensch, der eigentlich nicht mehr zu dieser Welt gehört.
Denn in unserer Gesellschaft haben der Tod und die Trauer keinen Platz. Leere wird überspielt, Ratschläge werden erteilt, wie man möglichst schnell wieder in das „normale“ Leben zurückfindet. Trauer JA – aber bitte nicht zu laut und zu lange, damit nicht auch noch das gesamte Umfeld mitleiden muss.

Ich habe Verständnis dafür, dass nicht jeder mit dem Tod umgehen kann, dass er viele einfach nur erstarren lässt. Lange habe ich versucht, mich zu rechtfertigen, von mir aus auf die Menschen zuzugehen, aber so oft wurde mir bewusst, dass ich als unbequem empfunden wurde und vielleicht sogar als unnormal, woran ich manchmal sogar selber glaube.
Eine Folge davon ist, dass ich mich immer mehr zurückzogen habe und der Schmerz des Alleingelassenwerdens, welchen man empfindet war lange Zeit neben der Trauer unerträglich, aber er hat sich mit der Zeit verändert
Mit manchen Freunden verbindet mich eine veränderte Beziehung, sie hat eine ganz andere Tiefe bekommen. Ich weiß, welch große Geduld sie oft für mich aufgebracht haben. Immer haben sie an mich geglaubt, dass ich es schaffen werden. Ich sehe es als ein kostbares Geschenk an, dass sie mich in unserem neuen Leben begleiten. Neben unseren treuen Freunden und den wenigen Familienmitglieder, sind neue Menschen in mein Leben getreten, … betroffene Eltern. Es ist so einfach und unkompliziert mit diesen Menschen zusammen zu sein und die regelmäßiges Treffen ob nun im Internet, über Email oder in der Selbsthilfegruppe ist, sind für mich sehr wichtig geworden und haben mir schon oft dabei geholfen, aus manchem Loch wieder heraus zu kommen. Es sind Menschen, die Dich, Simon nie kannten und mit denen man doch immer über Dich sprechen kann, ohne dass man das Gefühl hat, dass man sie damit nervt oder belastet. Von anderen wirst Du totgeschwiegen…

Doch gerade die Gespräche über Dich halten die Erinnerung lebendig. Zu schweigen und so zu tun, als hättest Du nicht existiert, lässt Dich immer wieder aufs Neue sterben. Ich möchte diese kostbare Beziehung aber nicht leugnen und die besondere Rolle vergessen, die Du in meinem Leben und im Leben unserer Familie und Freunde gespielt hast.

Ich bin heute in der Lage dazu, offen zu meinen Worten zu stehen, weil ich nicht gegen meine Trauer angekämpft habe, sondern sie durchlebt habe und immer noch durchlebe. Der Weg zu dieser Veränderung führt durch ein ganz tiefes Tal hindurch, man kann den Weg nicht umgehen oder aber abkürzen. Was ich übersprungen oder beiseite geschoben habe, überholt mich und stellt sich mir in den Weg. Vielleicht hat es mich auch zu neuem Selbstbewusstsein geführt, das Wissen, dass ich es immer wieder schaffe, nach vorne zu schauen, auch wenn der Weg manchmal gar nicht mehr zu sehen ist. Ich habe die Gewissheit erfahren, dass ich dabei nicht untergehe und eines ist jedoch gewiss, ich werden die Nähe zu Simon niemals verlieren, auch wenn es eine andere Nähe ist. Deine Lebensmelodie klingt weiter in mir und die tiefe, unerschütterliche Liebe zu Dir lässt mich weiterleben, mit der Hoffnung auf ein Wiedersehen.

Du warst uns nur für eine viel zu kurze Zeit geliehen, um uns 13 Jahre Deine Liebe zu schenken.



Die Zeit heilt nicht alle Wunden,
sie lehrt uns nur mit dem Unbegreiflichen zu leben.
Gedanken und Augenblicke,

sie werden uns immer an Dich erinnern
uns glücklich und traurig machen

und dich niemals vergessen lassen.
So fern und doch so nah
wie sich das weite Meer
und der endlose Himmel sind,
wenn sie am Horizont ineinander zu fließen scheinen,
so eng verbunden und doch so weit entfernt
sind Diesseits und Jenseits,
sichtbare und unsichtbare Welt.
So fern und doch so nah sind die Menschen,
die uns verlassen mussten
und doch immer zu uns gehören.


Meinen Dank an Marion A., Mutter von Jessica ohne die es diese Zeilen nicht geben würde.

Freitag, 19. Oktober 2007

Ein Licht für Jessica Anders ...


Gestern Abend brannte, leider verspätet denn sie sollte am 16.10 brennen aber trotzdem von Herzen, ein Licht für Jessica bei meinem Simon. Der kleine "Rosenständer" ist das letzte Geburtstags Geschenk von Simon, für mich etwas ganz besonderes.

Montag, 15. Oktober 2007

Simons Lachen ...

720 Tage ohne deine Stimme, dein Lachen ...

Viele Menschen sind überzeugt davon,
dass stark und tapfer sein bedeutet,
an etwas Anderes zu denken,
nicht über Trauer zu sprechen.
Aber wir wissen,
dass ehrlich stark- und tapfer-sein bedeutet,
an das Geschehene zu denken,
über das Geschehene zu sprechen,
bis unsere Trauer beginnt erträglich zu werden.
Das ist wirkliche Stärke.
Das ist wirklicher Mut
und nur so will stark- und tapfer-sein uns zur Heilung tragen.

Aber ich ... ich bin nicht stark und auch nicht tapfer,
ich verwende meine Kraft um zu Verdrängen,
im Alltag zu bestehen ...



Dienstag, 9. Oktober 2007

Dunkelheit





















Die Farbenpracht der Blumen wirkt verblasst,

der Wind weht Trauer durch die Stadt.
Ich schwanke im Sturm, was hält mich noch aufrecht?
Der Tod legt seinen Schleier bei mir ab.
und wie Efeu rankt der Schmerz um meine Seele,
nimmt ihr das letzte Licht.
Gewunden von Verzweiflung dringt die Dunkelheit
in mein Herz zurück.
Aber der Körper fühlt die Kälte längst nicht mehr,
versunken im Tränenmeer.

Gedanken der Dunkelkeit in mir,
Gedanken an das was war,
das Herz aus Stein kälter als Eis und
eine Maske ziehrt mein Gesicht,
zu verbergen was in mir vorgeht.
Und mit den Gedanken an die Narben auf meiner Seele,
schlafe ich immer wieder ein ...
Tränen kommen auf und ich weiß,
lass ich sie rennen, werden sie nicht versiegen.
Ein Bach würde aus ihnen ein Meer sogar
und ich
würde in ihnen ertrinken ...

(c) 2007 Claudia Staemmler