Liebe Familien, liebe Menschen heute Abend hier in der Christuskirche,
es ist schwer Worte zu finden, ein tröstliches Wort zu richten an Menschen,
die so einen schweren Verlust erlitten haben.
Bei Manchen von ihnen trotz vielleicht mehrerer Jahre ist die Wunde immer noch so offen und es tut so weh.
Das schlimmste haben sie erlebt was Menschen erleben können. Das, wovor alle Eltern Angst haben vom ersten Moment an, indem man von seinem Kind weiß: Dass man es wieder verlieren kann. Dass man es vielleicht wieder hergeben muss. Es uns entrissen wird und man weiterleben muss mit diesem Verlust:
Vor dem eignen Tod ist mir nicht bang, nur vor dem Tode derer die mir nah sind. Wie soll ich leben wenn sie nicht mehr da sind?
Bedenkt den eignen Tod, den stirbt man nur. Doch mitd em Tod der andern muss man leben.
Leben müssen sie mit dem Tod eines Sohnes, einer Tochter- wie lange es auch her sein mag- wie alt ihr Kind auch gewesen ist zum Zeitpunkt seines Todes. Das bringt uns heute hier zusammen. Menschen, die in dieser Erfahrung zusammengehören.
Was kann trösten. Was kann das Herz erreichen. Was hat getröstet in den vergangenen Monaten oder Jahren.
Hat es überhaupt einen Trost geben können?
War es der Glaube?
War es Gott?
Waren es biblische Worte wie die der Seligpreisungen: Selig sind die da Leid tragen denn sie sollen getröstet werden- sich daran festhalten können dass es irgendwann Gott einen Trost gibt.
Oder die Hoffnung, dass die Kinder, die Ihnen entrissen wurden nicht vergessen sind- bei ihnen nicht und nicht bei Gott. Dass keiner verschwindet namenlos im Nirgends und nie....wie ein Dichter und glaubender Mensch sagt.
Oder die Hoffnung, von der Menschen erzählen, die auf diesem, Weg waren und zurückgekehrt sind- von einem Ort an dem es Hell war und geborgen, friedlich und schön- dass die Kinder es dort gut haben bis wir selbst eines Tages dorthin gelangen?
Aber es bleibt die Trauer um die Trennung, das Nicht -mehr –erreichen- können, das Nie- auch das nie erfahren, was aus ihnen geworden wäre,
Welches Gesicht welche Persönlichkeit die noch ganz kleinen geworden wären, ihr Wachsen, ihr Werden sehen, ihre Talente, ihre Gaben. Bei den älteren Kindern was sie beruflich gemacht hätten, ihr erstes Verliebtsein, ihre Träume teilen, ihre Wege mitgehen bis ins erwachsenen alter.
Bei denen die als erwachsene Kinder starben- zu wissen in Ihnen geht das Leben weiter wenn unseres zuende geht. Wenn sie geheiratet hätten, wenn sie sie zu Großeltern gemacht hätten, wenn sie am Ende für Sie hätten da sein können und sie einfach bis ins hohe Alter an ihrem Leben hätten Teilhaben können.
Ja, die Trauer bleibt, die unendliche Trauer und sicher auch die Dankbarkeit für die geschenkte Zeit. Aber die Trauer, dass diese abbrach und nicht fortzuführen ist bleibt. Die Zeit ist zu Ende in den Korb der Erinnerung gemeinsam erlebtes zu sammeln.
Ich habe ihnen eine Geschichte mitgebracht, eine Geschichte geschrieben von einem trauernden Menschen- wir fanden sie in einer Zeitschrift für verwaiste Eltern.
Es war einmal eine kleine Frau, die den staubigen Feldweg entlang kam. Sie war wohl schon recht alt, doch ihr Gang war leicht und ihr Lächeln hatte den frischen Glanz eines unbekümmerten Mädchens. Bam Wegrand sah sie plötzlich eine zusammengekauerte Gestalt. Die kleine Frau bückte sich hinunter und fragte die andere: Wer bist du? Zwei fast leblose Augen sahen sie an und antworteten: Die Traurigkeit. Warum flüchtest du nicht vor mir. Hast du denn keine Angst? Alle flüchten vor mir, damit sie es nicht mit mir zu tun bekommen.
Ach sagte die andere, du weißt doch selbst zu gut, dass du jeden Flüchtigen einholst. Warum also sollte ich fliehen. Sag mir lieber was mit dir ist.
Ach, sagte die Traurigkeit, es ist nun mal meine Bestimmung unter die Menschen zu gehen und für eine gewisse Zeit bei ihnen zu verweilen, aber sobald sie mich sehen schrecken sie zurück. Sie fürchten sich vor mir und meiden mich wie die Pest. Sie haben Sätze erfunden, mit denen sie mich bannen wollen. Sie sagen: Traurigkeit, Papperlapapp. Das Leben geht weiter. Und ihr falsches Lachen führt zu Magenkrämpfen und Atemnot. Sie sagen: gelobt sei was hart macht. Und dann bekommen sie Herzschmerzen. Sie sagen: Man muss sich nur zusammenreißen und spüren das Reißen in Schultern und Rücken. Sie sagen: Nur Schwächlinge weinen. Und die aufgestauten Tränen sprengen ihre Köpfe. Oder aber sie betäuben sich mit Alkohol und Drogen, damit sie mich nicht fühlen müssen. – Oh ja, sagte die andere, solche sind mir oft begegnet.
Dabei, fuhr die Traurigkeit fort will ich den Menschen nur helfen Wenn ich ganz nah bei ihnen bin können sie sich selbst begegnen. Ich helfe ihnen ein Nest zu bauen um ihre Wunden zu pflegen. Wer traurig ist hat eine besonders dünne Haut Manches Leid bricht wieder auf wie eine schlecht verheilte Wunde….Nur wer die Trauer zulässt und all die Tränen weint kann seine Wunden heilen lassen. Doch die Menschen wollen nicht, dass ich ihnen dabei helfe. Stattdessen schminken sie sich ein grelles Lachen ins Gesicht. Oder sie legen sich einen dicken Panzer aus Bitterkeit zu.
Die Traurigkeit hörte auf zu reden und schwieg. Sie sank immer mehr in sich zusammen. Die kleine Frau nahm sie in die Arme, wie weich und sanft sie sich anfühlte, dachte sie und st5eichelte das zitternde Bündel. Weine nur, sagte sie, und dann ruh dich aus, damit du Kraft sammeln kannst. Du sollst von nun an nicht mehr alleine gehen. Ich werde dich begleiten, damit die Mutlosigkeit nicht noch mehr Macht gewinnt.
Erstaunt richtete sich die Traurigkeit auf, hörte auf zu weinen und fragte: Aber wer bist du- eigentlich?
Ich sagte die kleine Frau und dann lächelte sie wieder so unbekümmert wie ein kleines Mädchen. Ich bin die Hoffnung..
Die Hoffnung. Wäre das schön, wenn die Traurigkeit und Trauer den Wegbegleiter Hoffnung fände.
Hoffnung, damit die Trauer nicht mutlos macht, nicht bitter werden lässt, nicht die Kraft für den weiteren Weg nimmt.
Aber was kann die Hoffnung sein für Menschen in Ihrer Lebenssituation, da es nie mehr werden kann wie es war. Da niemals das geliebte Kind zurückkehrt. Da die Zukunft ohne diesen Menschen und seine Liebe gelebt werden muss.
Hoffnung, dass der Weg weitergeht?
Dass das geliebte Kind bei Gott ist und nicht im Nirgendwo verloren.
Hoffnung auf ein Wieder finden irgendwann. „Wenn ihr dahin kommt wohin ich gegangen bin werdet ihr euch fragen warum ihr geweint habt?“
Hoffnung, dass es dem geliebten Kind gut geht, da wo es jetzt ist.
Hoffnung.
Dass bei Gott alle Menschen sind, die, die gegangen sind und die, die zurück bleiben müssen, bei ihm, der um sie weiß, ihren Namen, ihre Gestalt, ihre Persönlichkeit kennt und der ans Ziel führt was hier nicht werden konnte sondern abbrach, so unvollendet.
Und keiner weiß warum.
Und vielleicht auch diese Hoffnung, dass wir eines Tages auf unsere unbeantworteten Fragen eine Antwort bekommen. Solange möge er ihnen allen Kraft geben auf ihrem Weg der Trauer und Hoffnung, die nicht aufhören möge mit ihnen zu gehen. Amen
(c) 2007 Pfarrerin K.Latour
1 Kommentar:
Liebe Claudia!
Ich hätte dich gerne dorthin begleitet.
Liebe Grüße
Helena
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