Dienstag, 12. September 2006

Mit-Menschen

Mitmenschen, nehmt uns Trauernde an !

Geht behutsam mit uns um, denn wir sind schutzlos.
Die Wunde in uns ist noch offen und weiteren Verletzungen preisgegeben.
Wir haben so wenig Kraft, um Widerstand zu leisten.

Gestattet uns unseren Weg, der lang sein kann.
Drängt uns nicht, so zu sein wie früher,
wir können es nicht.
Denkt daran, dass wir in Wandlung begriffen sind.
Lasst Euch sagen, dass wir uns selbst fremd sind.
Habt Geduld!

Wir wissen, dass wir Bitteres in Eure Zufriedenheit streuen,
dass Euer Lachen ersterben kann, wenn Ihr unser Erschrecken seht,
dass wir Euch mit Leid konfrontieren, das Ihr vermeiden möchtet.

Wenn wir Eure Kinder sehen, leiden wir.
Wir müssen die Frage nach dem Sinn unseres Lebens stellen.
Wir haben die Sicherheit verloren, in der Ihr noch lebt.

Ihr haltet uns entgegen: auch wir haben Kummer !
Doch wenn wir Euch fragen, ob Ihr unser Schicksal tragen möchtet, erschreckt Ihr.
Aber verzeiht: unser Leid ist so übermächtig, dass wir oft vergessen,
dass es viele Arten von Schmerz gibt.

Ihr wisst nicht, wie schwer wir unsere Gedanken sammeln können.
Unsere Kinder begleiten uns.
Vieles, was wir hören, müssen wir auf sie beziehen.
Wir hören Euch zu, aber unsere Gedanken schweifen ab.


Nehmt es an, wenn wir von unseren Kindern und unserer Trauer zu sprechen beginnen,
wir tun nur das, was in uns drängt.
Wenn wir Eure Abwehr sehen, fühlen wir uns unverstanden und einsam.

Lasst unsere Kinder bedeutend werden vor Euch.

Teilt mit uns den Glauben an sie.
Noch mehr wie früher sind sie ein Teil von uns.
Wenn Ihr unsere Kinder verletzt, verletzt Ihr uns.
Mag sein, dass wir sie vollendeter machen, als sie es waren,
aber Fehler zuzugestehen fällt uns noch schwer.
Zerstört nicht unser Bild !
Glaubt uns, wir brauchen es so.

Versucht, Euch in uns einzufühlen.
Glaubt daran, dass unsere Belastbarkeit wächst.
Glaubt daran, dass wir eines Tages mit neuem Selbstverständnis leben werden.
Euer „Zu-trauen“ stärkt uns auf diesem Weg.


Wenn wir es geschafft haben, unser Schicksal anzunehmen,
werden wir Euch freier begegnen.
Jetzt aber zwingt uns nicht mit Wort und Blick, unser Unglück zu leugnen.
Wir brauchen Eure Annahme.
Vergesst nicht: wir müssen so vieles von neuem lernen.
Unsere Trauer hat unser Sehnen und Fühlen verändert.

Bleibt an unserer Seite !
Lernt von uns für Euer eigenes Leben


© Erika Bodner

2 Kommentare:

Die kleine Hexe hat gesagt…

Hallo Claudi!
Sprechen die Zeilen für dein Seelenempfinden? Kann ich dich in den Zeilen finden? Es wäre schön - auch wenn es traurig ist, ist in diesen Zeilen ein kleines Stückchen Hoffnung!
Keiner von uns der nicht selber in deiner Situation gewesen ist, kann glaube ich annähernd wissen, was du empfindest. Ich glaube selbst unter den Müttern und Vätern, die ein Kind verloren haben, gibt es viele unterschiedliche Wege, die sie durch ihre Trauer gehen müssen. Jeder leidet anders.
Ich kann nur von mir sprechen, nur über meine Gefühle - seit Simon starb hat sich viel verändert. Nichts ist wie es war und es gibt auch keine Möglichkeit eines ZURÜCK. Jeden Tag schaue ich auf sein Bild, versuche den SINN - das WARUM - zu begreifen - doch da finde ich nur eine Stille und keine Antwort.
In Gedanken bin ich bei EUCH.
Du weist, wenn Du mich brauchst, bin ich für Dich da.
Eine herzliche Umarmung schickt dir dein Helenchen.

Claudia hat gesagt…

Freunde
sind wie Laternen
auf einem langen dunklen Weg.
Sie machen ihn nicht kürzer,
aber ein wenig heller.

Ich bin an Deiner Seite!